Das Finanzamt ist keine Staatsanwaltschaft

Der Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona hat dem EuGH in seinen Schlussvorträgen vom 11. März 2021 (Rs Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Münster C-66/20) vorgeschlagen zu entscheiden, dass eine Finanzbehörde keine Europäische Ermittlungsanordnung (EEA) erlassen darf.

Im Ausgangsfall übermittelte das FA Münster eine EIO an die Staatsanwaltschaft Trient, Italien. Nach deutschem Recht darf das Finanzamt bestimmte Ermittlungsmaßnahmen wegen Steuerstraftaten selbst durchführen. Hierbei bedient sie sich derselben Rechte, die sonst nur der Staatsanwaltschaft zustehen.

Die Staatsanwaltschaft Trient verweigerte dies und berief sich auf die Richtlinie, welche besagt, dass eine EEA von einem Gericht oder einer Staatsanwaltschaft getroffen und erlassen werden kann, sowie von jeder anderen Behörde, die in ihrer Eigenschaft als Ermittlungsbehörde in einem Strafverfahren für die Anordnung der Erhebung von Beweismitteln zuständig ist. Für letzteren Fall sieht die Richtlinie eine Validierung durch ein Gericht oder eine Staatsanwaltschaft vor. Dies hielt die Staatsanwaltschaft, Trient für erforderlich.

Der Generalbundesanwalt schloss sich dieser Auffassung nun an:

Obwohl das Finanzamt im Einzelfall Ermittlungsaufgaben wahrnimmt, (…) ist es weiterhin als Verwaltungsorgan (…) und verfügt es insbesondere nicht über die unabdingbare Kompetenz, um die von der Richtlinie 2014/41 geforderte Beurteilung der Erforderlichkeit und der gegeneinander abzuwägenden Interessen vorzunehmen. Diese Beurteilung geht über das Partikularinteresse der Steuerverwaltung hinaus und schließt das allgemeine Interesse des Staates als ganzes und die Garantie der Grundrechte der Bürger mit ein.“

Sollte sich der EuGH erwartungsgemäß dieser Auffassung anschließen, muss das Finanzamt vor Anordnung einer Europäischen Ermittlungsanordnung die Validierung eines Richters, Gerichts, Staatsanwalts oder Ermittlungsrichters einholen.