Steuerstrafrechtliche Aspekte des Koalitionsvertrages

Die neue Ampelkoalition hat nunmehr ihren Koalitionsvertrag verkündet. Die Regierung hat sich unter anderem Anpassungen im Strafrecht bzw. Steuerstrafrecht als Aufgabe gesetzt. Der Fokus liegt hier augenscheinlich auf Geldwäsche- und Steuerhinterziehungsbekämpfung. Die Koalitionspartner bezwecken eine Abkehr vom symbolischen Strafrecht und betonen hierbei die Grundrechtsrelevanz von Straf- und Prozessrecht.

Unternehmensstrafrecht

Nachdem im abgelaufenen Jahr die Einführung des geplanten Unternehmensstrafrechts gescheitert ist, scheinen die Koalitionspartner von der Schaffung eines neuen Verbandssanktionsgesetzes Abstand genommen zu haben. Die Parteien beabsichtigen Unternehmenssanktionen einschließlich der Sanktionshöhe zu überarbeiten. Dies deutet auf eine Anpassung des bestehenden Ordnungswidrigkeitenrechts hin. Die Regierungsparteien wollen die Rechtssicherheit von Unternehmen im Hinblick auf Compliance-Pflichten verbessern und einen präzisen Rechtsrahmen für interne Untersuchungen schaffen.

Bekämpfung der organisierten Kriminalität

Im Rahmen der Bekämpfung der organisierten Kriminalität soll der erklärte Fokus auf Vermögensabschöpfung und Geldwäschebekämpfung liegen. Die Geldwäscheaufsicht bei finanzmarktnahen Verpflichteten soll durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erfolgen. Generell soll die Geldwäschebekämpfung europäisch zentralisiert werden. Kryptowerte sollen stärker in den Fokus genommen werden.

Änderungen im Strafprozessrecht

Die Rechte im Strafprozess sollen durch prominente Gesetzesänderungen gestärkt werden. Vernehmungen und Hauptverhandlungen sollen in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Des Weiteren sollen die Verständigung im Strafverfahren einschließlich möglicher Gespräche über die Verfahrensgestaltung und das grundsätzliche Verbot der Tatprovokation maßgeblich geregelt werden. Sämtliche gerichtliche Entscheidungen sollen in anonymisierter Form in einer Datenbank öffentlich und maschinell lesbar verfügbar sein. Die Verteidigung der Beschuldigten soll mit Beginn der ersten Vernehmung sichergestellt werden.

Diese Maßnahmen sollen der Effektivierung, Beschleunigung und Modernisierung des Strafprozesses dienen.

Modernisierung des Strafrechts

Der Koalitionsvertrag bezweckt, noch relativ abstrakt, die systematische Überprüfung des Strafrechts auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche. Ein Fokus soll auf überholte Straftatbestände, Modernisierung des Strafrechts und die schnelle Entlastung der Justiz gelegt werden. Das Sanktionssystem, einschließlich Ersatzfreiheitsstrafe, Maßregelvollzug und Bewährungsauflagen soll mit dem Ziel von Prävention und Resozialisierung überarbeitet werden.

Digitalisierung und Europäisierung

Die Parteien beabsichtigen ein digitales Gesetzgebungsportal. Hiermit soll die frühe Begleitung (strafrechtsrelevanter) Gesetzgebungsverfahren vereinfacht werden. Darüber hinaus wurde ein Digitalpakt für die Justiz sowie eine nachhaltige Verbesserung der Kriminal- und Strafrechtspflegestatistik angekündigt.

Steuerstrafrecht

Vorschläge zu konkreten Änderungen im Bereich des Steuerstrafrechts bleibt der Koalitionsvertrag schuldig. Die Parteien wollen die Steuerhinterziehung und Steuervermeidung intensiver bekämpfen. Deutschland soll hier eine Vorreiterrolle einnehmen. Das strategische Vorgehen, auch betreffend Finanzmarktkriminalität und Geldwäsche, im Bundesfinanzministerium, beim Zoll, beim Bundeszentralamt für Steuern, BaFin und bei der FIU soll gestärkt werden. Mitteilungspflichten bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen sollen ausgeweitet werden und der Umsatzsteuerbetrug soll etwa mithilfe bundesweiter elektronischer Meldesysteme bekämpft werden. Dividenden-Arbitrage-Geschäfte sollen unterbunden und hierzu ein Austausch zwischen Finanzaufsicht und Steuerbehörden ermöglicht werden.

Die konkrete Umsetzung dieser geplanten Maßnahmen darf mit Spannung erwartet werden.