OLG Oldenburg folgt OLG Köln – Keine Steuerhinterziehung durch Unterlassen bei Kenntnis der Finanzbehörden

UPDATE: Keine Steuerhinterziehung durch Unterlassen bei Kenntnis der Finanzbehörden

 

Das Problem
Wer Steuererklärungen nicht oder verspätet abgibt, verhindert, dass das Finanzamt Kenntnis von den steuerlich erheblichen Tatsachen erhält, die es zur rechtzeitigen und vollständigen Festsetzung der Steuer benötigt. Der Steuerpflichtige verletzt seine Mitwirkungs- und Erklärungspflichten und beeinträchtigt das staatliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Steueraufkommen. Umstritten und bislang ungeklärt war, ob eine Steuerhinterziehung auch dann vorliegt, wenn das Finanzamt ohne Mitwirkung des Steuerpflichtigen Kenntnis von den relevanten Besteuerungsgrundlagen hat und die Steuer in zutreffender Höhe festsetzt.

Die Rechtslage
Gemäß § 162 AO darf das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen (steuerlich) schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Trotz der Schätzung kann eine Straftat vorliegen, wenn der Steuerpflichtige vorsätzlich keine Steuererklärungen abgegeben hat. Gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO macht sich strafbar, wer die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt.

Die Entscheidung
Mit Beschluss vom 10.07.2018 (1 Ss 51/18, BeckRS 2018, 21189) hat sich das OLG Oldenburg der Sichtweise des OLG Köln angeschlossen und eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen dort verneint, wo dem Finanzamt die steuerlich erheblichen Tatsachen bereits bekannt sind.

Wie schon die Entscheidung des OLG Köln nimmt auch der Beschluss des OLG Oldenburg ausdrücklich Bezug auf zwei obiter dicta des BGH aus den Jahren 2011 und 2013, in denen diese Sichtweise – in Abgrenzung zur Steuerhinterziehung durch aktives Tun – entwickelt worden ist.

Fazit
Angesichts des automatischen Informationsaustausch und der zunehmenden elektronischen Datenübermittlung im Zuge der Reform des Besteuerungsverfahrens könnte diese nun zunehmend vertretene Rechtsauffassung zukünftig noch von erheblicher Bedeutung sein. Aus unserer Sicht scheidet damit aber etwa auch eine Strafbarkeit wegen Umsatzsteuerhinterziehung aus, wenn der Finanzbehörde die vollständigen Besteuerungsgrundlagen im Rahmen der Einkommensteuererklärung mitgeteilt worden sind.