Corona-Pandemie sowie die rechtlichen Risiken in Zusammenhang mit diversen Hilfsmaßnahmen

Liebe Mandanten, liebe steuerliche Berater, liebe Geschäftskollegen,

wir hoffen, Ihnen geht es in diesen turbulenten Zeiten den Umständen entsprechend gut und Sie sind alle gesund.

Bekanntermaßen hat die Bundesregierung, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern, das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie“ erlassen bzw. haben Bund und Länder weitreichende Hilfsmaßnahmen beschlossen (z. B. erleichtertes Kurzarbeitergeld, Steuerstundungen, niedrige Steuervorauszahlungen, Anpassungen des Insolvenzrechts etc.). Einzelheiten hierzu finden Sie auf unserer Homepage unter www.weigell.de/corona-informationen, die auch regelmäßig über Neuerungen informiert.

Ergänzend hierzu möchten wir nachfolgend kurz auf die rechtlichen Risiken hinweisen, die im Zusammenhang mit den diversen Hilfsmaßnahmen verbunden sein können:

Voraussetzung für die Gewährung der verschiedenen Hilfsmaßnahmen ist ein kausaler Zusammenhang von wirtschaftlichen Engpässen mit der Corona Pandemie. Die Gewährung der Hilfen bzw. deren Auszahlung erfolgt(e) relativ unproblematisch und kurzfristig. Eine inhaltliche Prüfung der gewährten Hilfen dahingehend, ob die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, wird noch – nachgelagert – erfolgen.

Soweit die Behörden im Rahmen dieser inhaltlichen Überprüfung zu dem Ergebnis gelangen, dass Hilfen zu Unrecht gewährt wurden, drohen Rückforderungen der erhaltenen Mittel sowie (straf-)rechtliche Sanktionen.

Aus diesem Grund sind Anträge auf Stundung oder staatliche Hilfe nur zu stellen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen geprüft sind und tatsächlich vorliegen. Ferner sollte bereits heute eine Dokumentation erstellt werden und Beweisvorsorge getroffen werden. Die strafrechtlichen Verjährungsfristen belaufen sich grundsätzlich auf fünf Jahre. Die reinen Rückforderungsansprüche im Hinblick auf die erhaltenen Mittel verjähren ggf. über einen noch längeren Zeitraum. Eine Aufarbeitung der Vergangenheit ist problematischer und zeitintensiver als eine unmittelbare Dokumentation.

a) Soforthilfen von Bund und Bayern

Ziel dieser Soforthilfen ist es, die wirtschaftliche Existenz von Unternehmen, Unternehmern und Freiberuflern zu sichern, soweit diese in Folge der Coronakrise in akute Liquiditätsengpässe geraten sind. Der Liquiditätsengpass muss mithin gerade in Folge der Coronakrise entstanden sein. War er bereits zuvor gegeben, sind die Voraussetzungen nicht erfüllt. Kann das Vorliegen dieser Voraussetzung nicht bzw. nicht innerhalb der – wenigstens – nächsten fünf Jahre belegt werden, steht eine Verwirklichung des Straftatbestands des Betrugs (§ 263 StGB) und/oder des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) im Raum. Der gesetzliche Strafrahmen sieht hier eine Geldstrafe bzw. eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren vor.

b) Steuerliche Erleichterungen

Auch zahlreiche steuerliche Erleichterungen sind vorgesehen bzw. können gewährt werden. Insbesondere können fällige bzw. fällig werdende Steuerzahlungen gestundet werden. Voraussetzung ist auch hier, dass das Unternehmen/der Unternehmer nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich von der Coronakrise bzw. den Coronamaßnahmen betroffen ist.

Die Voraussetzungen sind unbestimmt gefasst. Bei unberechtigter Beantragung und soweit in der Folgezeit Zahlungsausfälle eintreten, könnte im schlimmsten Fall der Vorwurf der Steuerhinterziehung im Vollstreckungsverfahren (§ 370 AO) erhoben werden.

Zu bedenken ist ferner, dass es sich um reine Stundungen bzw. Herabsetzungen handelt. Nach Ablauf der Stundung sind die Steuern zu zahlen bzw. abzuführen – neben den dann laufend fälligen Steuerzahlungen.

c) Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen

Sozialversicherungsbeiträge für die Monate März und April konnten auf Antrag gestundet werden, wenn der Liquiditätsengpass Folge der Coronakrise ist/war. Voraussetzung hierfür sind ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten. Auch hier gilt es, die Voraussetzungen zu prüfen und vor allem zu belegen bzw. zu dokumentieren.

Soweit Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in der Folgezeit – z. B. nach Ablauf der Stundung – nicht bzw. nicht ordnungsgemäß abgeführt werden können, steht eine Strafbarkeit nach § 266a StGB im Raum. Das Strafmaß ist empfindlich.

d) Kurzarbeitergeld

Auch Anträge auf Kurzarbeitergeld sind gründlich zu prüfen. Insbesondere ist zu dokumentieren, dass und warum ein Arbeitsausfall tatsächlich vorliegt und dass eine vordringliche Kompensation durch Resturlaub oder durch den Abbau von Überstunden nicht möglich ist. Hier ist ebenfalls bereits heute Beweisvorsorge zu treffen bzw. zu dokumentieren, da unter anderem eine Strafbarkeit wegen Eingehungsbetruges nach § 263 StGB und/oder § 264 StGB grundsätzlich im Raum steht.

e) Insolvenz bzw. Aussetzen Insolvenzantragspflicht

Ferner ist am 27.03.2020 das COVInsAG in Kraft getreten. Verhindert werden sollte, dass an sich gesunde Unternehmen, die aufgrund der Corona Pandemie in kurzfristige Liquiditätsengpässe geraten sind, in die Insolvenz gezwungen werden. Kern dieses Gesetzes ist die Aussetzung der Antragspflicht nach § 15a InsO iVm §§ 1,4 COVInsAG sowie der daraus resultierenden Folgen.

Von der Befreiung der Antragspflicht erfasst werden solche Unternehmen, die am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, mithin also zahlungsfähig waren. In diesem Fall wird gesetzlich vermutet, dass eine nach diesem Zeitpunkt eingetretene Insolvenzreife danach auf der Pandemie beruht.

Ferner ist Voraussetzung (s.o.), dass angenommen werden kann – auf Basis einer in die Zukunft gerichteten Vermutung – dass eine Zahlungsunfähigkeit und Liquiditätsengpässe beseitigt werden können. Unklar ist allerdings, in welchem Zeitraum dies erfolgen sollte bzw. welche Maßstäbe anzulegen sind. Gleichwohl sollte auch hier eine Prognose getroffen bzw. bereits heute vorrätig gehalten werden.

Diese gesetzliche Vermutung gilt zunächst bis zum 30.09.2020 und kann durch eine Verordnung bis 31.03.2021 verlängert werden.

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, wie im Falle einer Überschuldung zu agieren ist bzw. ob dies auch vom §§ 1, 4 COVInsAG erfasst ist.

Ferner ist festzuhalten, dass lediglich die Insolvenzantragspflicht nach § 15a Insolvenzordnung ausgesetzt ist. Der gute Glaube daran, dass die Voraussetzungen für das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht erfüllt sind, ist nicht geschützt. Das bedeutet, soweit ein Organ unzutreffender Weise davon ausgeht, dass die Insolvenzantragspflicht gem. §§ 1, 4 COVInsAG ausgesetzt ist, treten gleichwohl sämtliche insolvenzrechtlichen, haftungsrechtlichen und strafrechtlichen Folgen im Zusammenhang mit einer verspäteten Antragsstellung ein. Aus diesem Grund ist die Überprüfung der Voraussetzungen des COVInsAG im Hinblick auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, von erheblicher Bedeutung.

Andernfalls steht eine Haftung des Geschäftsführers nach § 823 Abs. 2 BGB, § 64 GmbHG, § 69 AO (nicht festgesetzte, abgeführte Steuern) sowie § 263 StGB (Eingehungsbetrug), § 266a StGB (Nichtabführen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung) sowie §§ 283 ff. StGB (Bankrottdelikte) im Raum.

Insbesondere Insolvenzverwalter werden bzw. „müssen“ versuchen eine Haftung des Geschäftsführers zu konstruieren.

Nach alledem ist festzuhalten: Die Hilfen sind mannigfaltig, die Fallstricke – leider – auch. Es gilt zu prüfen, zu dokumentieren und abzuwägen.

Bleiben Sie gesund!

Ihr Kanzlei-Weigell-Team
Martina Butenschön & Manuela Beckert